Die Tagung „Lehrer.Bildung.Medien – Herausforderungen für die Entwicklung von Schule“ an der TU Kaiserslautern am 01.10.2014 (Link zur Tagungsdoku: http://www.uni-kl.de/zfl/veranstaltungen/lbm/programm/) bot für mich eine Reihe interessanter Impulse, die ich für mich wie folgt festhalte:
iBand der TU Kaiserslautern
Als musikalischen Auftakt präsentierte die sog. iBand der Universität einige Songs mit Band (Schlagzeug, Bass, Keyboard etc.) und Gesang. Das Besondere war, dass bis auf den Gesang alle Instrumente ausschließlich über iPads eingespielt wurden.
Sound und Gesang kamen gut herüber und doch blieb bei mir ein etwas ungewohntes, fragwürdiges Hörereignis zurück. Die Musik – so empfand ich es – hatte etwas subtil Anorganisches und Schematisches. Wenngleich ich bei Techno-Musik keinerlei Erwartungen an natürlich klingende Resonanzen und Dynamiken habe, so befremdete mich doch das m. E. völlige Ausbleiben dieser bei den „gecoverten“ (Pop?)-Songs der iBand. Vielleicht lag und liegt dies neben der synthetischen Simulation von Schlagzeug, Bass, Percussion etc. an der mangelnden Spiel-Ergonomie inkl. noch nicht technisch optimal gestalteter Anschlagsdifferenzierung, wie sie eben über die bloßen Bildschirme der iPads/Tablets und die verwendete Software (GarageBand?) gegeben ist. Ungewohnt und fragwürdig heißt jedoch keineswegs schlecht. Im Gegenteil: Der satte Sound und die überzeugende Sängerin machten diesen Auftakt zu einem irgendwie neuartigen und anregenden Event der Tagung.
Der Einstiegsvortrag von Wolfgang B. Ruge von der Uni Wien
Nach einer kurzen Eröffnung durch JProf. Dr. Mandy Rohs mit ihrem zentralen Hinweis auf die Bedeutsamkeit einer kritischen Reflexion des pädagogisch sinnvollen Einsatzes digitaler Medien durch Lehrkräfte startete Wolfgang Ruge mit seinem Eröffnungsvortrag. Laut Programmankündigung ging ich eigentlich von einem reflexivem Diskurs zwischen Rohs und Ruhe aus, fand dann aber die Ausführungen von Ruge für sich genommen ebenfalls interessant. Ruge zeigte den Zuhörern einen Querschnitt durch die Forschungsfelder im Schnittfeld der Begriffe Pädagogik und Medien, wobei er die unterschiedlichen Bereiche als „Pädagogik mit Medien“ (=> Mediendidaktik), „Pädagogik über Medien“ (=> Medienpädagogik/Medienerziehung) und „Pädagogik der Medien“ (=> Medienbildung/Mediologie) unterschied. Interessant war die stichpunktartige Auflistung wichtiger Charakteristika der Forschungsbereiche anhand jeweiliger Kernbegriffe bzw. Grundannahmen, des Forschungsinteresses und des wissenschaftliche Habitus. Abschließend skizzierte Ruge Überlegungen eines Anschlusses an eine allgemeine pädagogische Bildungstheorie, wobei die Forschungsbereiche nochmals in einem tabellarischen Überblick verglichen wurden und dabei die Unterschiedlichkeit der Ansätze deutlich wurde. Abschließendes Fazit von Ruge: Es gibt keine Medienpädagogik – es gibt mindestens drei… Für mein Empfinden war dieser Einstieg insbesondere für die teilnehmenden Lehrkräfte, die ca. ein Drittel aller Teilnehmer ausmachten, zu wissenschaftstheoretisch und kaum die Rolle der Lehrkraft in diesem Schnittfeld reflektierend (um dem Tagungsthema „Lehrer.Bildung.Medien“ in gewisser Ausgewogenheit gerecht zu werden). Vielleicht spiegelte sich dies auch in der relativ geringen Anzahl an anschließenden Diskussionsbeiträgen. Für mich persönlich nehme ich insbesondere die tabellarische Übersicht der vorgestellten Forschungsfelder im Sinne eines orientierenden Überblicks mit (vgl. Folie 30). Anbei die Folien von Ruge auf Slideshare: http://de.slideshare.net/wruge/pdagogik-medien-kaiserlautern-1102014
Im ersten Zeitfenster entschied ich mich für das Forum 5: Lernumgebungen gestalten.
Insbesondere beim Vortrag zu „EduRoom. Online-Lehrerfortbildung zur anwendungsorientierten Vermittlung von IKT-Lehrmethoden und Kompetenzen“ war für mich neben dem inhaltlichen Aspekt auch meine Wahrnehmung der methodischen Durchführung des Beitrags interessant:
Die beiden Referenten, Christine Handschuh und Hagen von Hermanni der Uni Leipzig konnten nicht bei der Tagung anwesend sein. Frau Rohs entschuldigte beide und startete eine Screencast-Aufzeichnung des betreffenden Vortrags über Beamer, die im Vorfeld aufgezeichnet und unserer Gruppe anstelle des Live-Vortrags präsentiert wurde. Anschließend stellte Frau Rohs eine Skype-Video-Gespräch mit beiden Referenten her und blendete das Video der beiden über Beamer ein. Nun konnten von unserer Seite Fragen zum Vortrag gestellt werden, zu denen die Referenten Stellung nahmen. Inhaltlich war für mich vor allem interessant, dass sich auch in Leipzig – analog zu unserer Erfahrung am E-Learning-Kompetenzzentrum der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung – nicht die Technikschulung, sondern die Unterstützung hin zur mediendidaktisch reflektierten und orientierten Nutzung digitaler Medien (z. B. einer Lernplattform wie Moodle) als Kernherausforderung darstellte. Auf den Einwand, dass nach meiner Erfahrung im Kontext Lehrerfortbildung leider auch relativ geringes Interesse an mediendidaktischen Lehrgängen (ohne dezidierten Fachbezug) bestehe, verwiesen die Referenten auf die Fachdidaktiken, die sich dieser Herausforderung stellen müssten. Durchführungsmethodisch war für mich spannend, dass ich nach der abschließenden Diskussion mit den Referenten via Skype und Video nicht mehr hätte sagen können, ob der zuvor gezeigte Screencast live oder aus Konserve gezeigt wurde: Die zeitliche Nähe der beiden Ereignisse ließ die Elemente in meiner Wahrnehmung zu einer stimmigen Gesamterfahrung verschmelzen, so dass ich dies auch für unser E-Learning-Zentrum als höchst interessante Lösung für entsprechende Situationen mitnehmen konnte.
Am Nachmittag entschied ich mich für das Forum 6: Medien und Lernen auf dem „Prüfstand“
Hier nahm ich – neben den anderen interessanten Referaten – aus dem Beitrag „Entwicklung und Evaluation einer IKT-gestützten Lernumgebung zur selbstgesteuerten und kooperativen Prüfungsvorbereitung“ (Judith Krauß, Uni Leipzig) besonders für mich interessante Impulse zur Forschungsmethodik und zur Verteidigung eines Forschungsvorhabens mit. Judith Krauß präsentierte ihr Dissertationsvorhaben, das methodologisch dem Design-Based-Resarch-Ansatz folgt. Bei diesem Ansatz versucht der Forscher zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Es soll ein konkretes Praxisproblem gelöst werden und parallel dazu soll der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn und damit die wissenschaftliche Theoriebildung erfolgen. Dabei wird der Zyklus vom Design einer Problemlösung inkl paralleler Hypothesenbildung über die Implementierung, Evaluation der Problemlösung und Erhebung sowie dem anschließenden Re-Design von Problemlösung und der Re-Formulierung der Hypothese in mehreren Schleifen durchlaufen, um sich einer stimmigen Praxislösung und einer zugehörigen theoretischen Erkenntnis sukzessive anzunähern. Die der Arbeit zugrundeliegende These lautete nach Kraus: Schüler, die stärkere Selbststeuerungs- und Kooperationskompetenzen mitbringen, sind in entsprechenden Prüfungsvorbereitungssettings erfolgreicher, als Schüler ohne bzw. mit derart geringeren Ausgangskompetenzen. Auf meine Frage, ob es sich hier um eine (konfirmative) Replikationsstudie handelt, verwies Frau Krauß auf das Fehlen entsprechender Studien für den allgemeinbildenden Schulbereich, wohingegen für den Berufsschulbereich schon einige Studien zu dieser These vorlägen (und diese wohl bestätigten). Von daher könne dies nicht als Replikationsstudie betrachtet werden. Insgesamt war die Darstellung und Verteidigung des Forschungsvorhabens von Frau Krauß aufschlussreich und überzeugend – Respekt.
Den Abschluss im Plenum bildete der Vortrag „Wie man führt, ohne zu dominieren. Die Rolle der Schulleitung im Lernkulturwandel“
von Prof. Dr. Rolf Arnold (TU Kaiserslautern). Ein – wie häufig bei Arnold – überzeugend dargebotener Beitrag. Für mich halte ich folgende Zitate fest:
- Gary Hamel (Das Ende des Managements): „Die Managementinnovation wird durch einen Mangel an Vorstellungskraft behindert“ / „Wenn es um die Innovation geht, sind die geerbten Überzeugungen eines Unternehmens eine sehr viel größere Belastung als die geerbten Kosten.“
- Transformationale Führung ist selbstreflexive Führung / Transformale Führung: Bewunderung und Vertrauen erwerben, Herausfordern und Sinn vermitteln, zu Kreativität anregen, persönliches Wachstum fördern
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Erweitertes Mosaikprofil einer nachhaltigen Führung
- Kontext: Führungskräfteentwicklung zur Gestaltung lernender Organisationen
- Führung bedeutet „Stellungnahmen zur Welt“ sichtbar zu leben
- Kontext: Führungkräfteentwicklung durch Erleben und Transformation des Selbst
- Führung bedeutet „Stellungnahme zu sich“ integrierend leben
- Ein unangenehmer Gedanke: Wirkung durch Selbstveränderung. Talmud: Wir sehen die Welt nicht wie sie ist, sondern wie wir sind. Ziel: Zu verstehen, was dazu führt, dass wir den anderen so sehen, wie wir ihn sehen.
Hier reichte der Vortrag sicherlich, um eine Idee zu bekommen, in welche Richtung sich Arnold die zukünftige Führungsentwicklung vorstellt (und damit implizit auch die Unterrichtsentwicklung einer lernenden Organisation unter besonderer Berücksichtigung digitaler Medien). Doch für ein detaillierteres Bild, ist die Lektüre seines Buches wohl unabdingbar.
Fazit: Insgesamt bot diese Tagung für meine Perspektive zahlreiche Impulse und Reflexionsanlässe zum Thema. Auch die Pausen, die guten Gespräche sowie das hervorragende Catering trugen zu einem gelungenen Gesamteindruck bei. Allerdings: Ohne die anschließende Vertiefung und Praxiserprobung gewonnener Einsichten bleibt langfristig vermutlich nur der (positive) Eindruck übrig. Hier ist dann wieder jede/jeder auf sich gestellt – und wird nicht selten von den Alltagsmühlen zermahlen. Ob nicht solche Tagungen insbesondere für Lehrkräfte mehr noch in Richtung motivationale Anker und Anlässe zur Bildung kleiner Communities für die Praxiserprobung und gemeinsame Reflexion spezifischer Impulse ausgeformt werden könnten?