Eine weitere Neuentdeckung die Tage war für mich die Webseite www.edtechjournals.org. Hier finden sich 250+ Journals aus dem Bereich Educational Technology. Die Zusammenstellung ist u. a. aus der Google-Doc Liste von George Veletsianos (http://goo.gl/AAenZ) hervorgegangen, die ich auf meiner Webseite schon einige Zeit unter der Rubrik Open Access Journals aufgeführt hatte. Die neue Webseite edtechjournals.org ist neben dem erweiterten Umfang vor allem bzgl. der interaktiven Auswahl- und Filterfunktionen interessant. Als Zielgruppen des Angebots führen die Betreiber an:
EdTech Journals” (.org, .com, or .net) is primarily intended for use by the community of educational / instructional design and technology professionals who are looking to learn about which scholarly outlets might be appropriate for their research and writing. The list contains nearly 250* journals that are either directly related to educational technology or that have a relationship to the field.
Allerdings sind nur ca. 30 % der Journals als Open Access zugänglich. Über diesen Link, der auch im Hauptmenü von edtechjorunals.org angezeigt wird, lassen sich ausschließlich die Open Access Journals listen. Ein tolles Angebot!
Entwickler der Sprache und Gründer der daraus entstandenen Firma ILEDSolutions ist Bucky Dodd, Chief Learning Innovation Officer der University of Central Oklahoma. Interessant ist, dass seine Design-Sprache im Gegensatz zu manch anderen VIDL-Versuchen tatsächlich in der Praxis nutzbar erscheint: Sie ist ohne Spezialkenntnisse les-, schreib- und interpretierbar und ermöglicht so jedem Beteiligten die Mitsprache und Mitarbeit bei der Gestaltung von Lehr-Lernarrangements. Phylise Banner etwa zählt LEML mittlerweile zu ihrer Standard-Werkzeugpalette bei der Gestaltung von Lerndesigns, wie sie in diesem Webinar überzeugend darstellt.
Die Grundelemente und exemplarische Nutzungsweise von LEML wird von Dodd in folgendem Video überblicksartig vorgestellt:
Trotz kommerzieller Nutzung finden sich zahlreiche Materialien (Tutorials, Vorlagen etc.) – meist von Dodd selbst oder seinem Kooperationspartner Rob Reynolds – frei im Netz verfügbar. Hierzu zählen
die Learning Design Challenge von Reynolds, ebenfalls mit zahlreichen Patterns in LEML
(inkl. augenzwinkernder Lösungen, z. B. „Teach your pet a useful skill“)
Es gäbe nun zahlreiche Aspekte von LEML zu untersuchen und mit anderen Sprachkonzepten zu vergleichen, doch dies ist das Feld für eine eigene Studie. Ich möchte an dieser Stelle lieber meinen ersten Gehversuch mit LEML dokumentieren (ich verwendete die PPT-Vorlage): Im Rahmen eines Kooperationsprojektes zum Flipped Classroom Konzept (vgl. https://twitter.com/FlippedMathe/status/971975031784796160) unter Koordination von Sebastian Schmidt und Ferdinand Stippberger wurden entsprechende Lernsequenzen zur Mathematik (5. Jahrgangsstufe Realschule Bayern) kooperativ in der Lernplattform mebis erstellt. Das Wie der unterrichtlichen Nutzung der bereitgestellten Elemente (Impulsvideos, Erklärvideos, Arbeitsblätter, differenzierte Aufgabensammlungen, Lösugen) war den beteiligten Lehrkräften freigestellt, wenngleich die Sequenzierung des Materials folgendes Vorgehen avisierte:
Videoimpuls (Problemsituation) zu Hause mit eigenständigen Lösungsversuchen
Besprechung des Videoimpulses und Austausch der Lösungsansätze/-ideen im Plenum
Zusammenfassung der Lösungsversuch und Darstellung des Themenschwerpunkts durch den Lehrer
Kurzvortrag zu Konzept (Was?) und Verfahren (Wie?) des neuen Themenaspekts durch den Lehrer
optional: diskursive Klärungen zu Konzept und Verfahren (u. a. über Besprechung von Lösungsbeispielen)
=> m. E. besonders wichtig und im bisherigen Lerndesign noch wenig berücksichtigt
eigenständige Arbeit in Tandemgruppen an Einführungs- und Übungsaufgaben im Buch mit bedarfsweiser Unterstützung durch a) den Tandempartner, b) den Lehrer oder wechselweise bestimmte „Mathehelfer“, c) bereit gestellte Aufgabenlösungen.
optional für jene, die mit Ihren Aufgaben inkl. Lösungskontrollen und evtl. Rücksprachebedarf fertig sind: Bettermarks-Übungen zum gleichen oder leicht erweiterten Themenfeld.
als Hausaufgabe die Sichtung des Erklärvideos (= ähnlich zum Lehrerkurzvortrag während der Unterrichtsstunde) mit Übernahme des zusammenfassenden Abschlussbildes ins Regelheft
und ggf. die Sichtung und Bearbeitung eines neuen problemorientierten Impulsvideos.
Meine erste Abbildung dieses Arrangements mit LEML sieht wie folgt aus:
Aus Platzgründen konnte ich den Endpunkt (schwarzer Punkte) nicht mehr setzen; die Anwendung auf einer PPT-Folie ist trotz praktischer Vorlagen doch sehr beengt. Spontan muss ich aber sagen, dass mich das LEML-Kit insbesondere hinsichtlich seines Überblicks über die jeweiligen Phasen (hier online-asynchron und classroom) und der Einschätzbarkeit des Lernangebots bzgl. seiner Struktur und Vielfalt der genutzten Elemente (Information, Dialog, Praxis, Feedback und Test) schon anspricht und mir u. a. für die methodische Abstimmung/Variationsklärung sowie die anschließende Reflexion des Lerndesigns inkl. Überlegungen zum Re-Design unter KollegInnen als hilfreiche Diskussionsunterstützung erscheint. Grundlegende Umsetzungprobleme in dem Sinne, dass eine Vorstellung oder Ideen überhaupt nicht abbildbar gewesen wäre, sind bei mir nicht aufgetreten, Fragestellungen im Detail dann aber doch eine ganze Reihe:
Frage der Flussrichtung: Holt sich der Schüler die Hilfe oder bekommt er die Hilfe angeboten – in welche Richtung zeigt die Flusslinie, wenn unbestimmt?
Frage der aussagekräftigen und einheitlichen Elementbeschriftung: Beschreibung oben ohne Bezug zum Medium, aber hoher Aussagekraft – direkt die Fragestellung hineinschreiben oder nur das Thema? Unten hingegen mit ausschließlicher Deklaration des Mediums – Video, Text, Bild, oder Erklärvideo, Impulsvideo, Lösungsbild etc.?),
Frage des Aktivitätsumfangs bestimmter Elemente, wie z. B. Dialog: Ist im Element Dialog das Element Feedback schon enthalten oder muss ich – lege ich auf das Feedback in diesem Setting Wert – dieses gesondert anführen?
Frage des mit der Sprache adressierten Design-Layers nach Gibbons (vgl. Grafik nach Boot) und auf welcher Design-Ebene ich mich aktuell befinde.
Vermutlich liegt die Stärke von LEML gerade darin, dass sie eine gewisse Offenheit und Mehrdeutigkeit zulässt. Somit kann immer die jeweilige Community die Spiel- und Interpretationsregeln im Detail festlegen. Der Schwerpunkt solcher VIDL liegt m. E. im generativen und kommunikativen Bereich – also jenen Feldern, die auch für den schulischen Kontext zukünftig hohe Relevanz haben dürften.
Mein besonderes Interesse gilt grafischen Sprachsystemen und -werkzeugen für das Instructional / Learning Design. International wird gemäß gleichnamigem Handbuch auch von Visual Languages for Instructional Design / Learning Design gesprochen. Auf dieses Themenfeld aufmerksam wurde ich durch die Beschäftigung mit der Spezifikation IMS Learning Design (im Rahmen meiner Master These) und die im Umfeld sich entwickelnde Learning Design Community. Eine der Grundanliegen der Community ist es, analog zur Musiknotation ein schriftliches Sprachsystem zu finden, das Lehr-Lernarrangements abzubilden und zu kommunizieren imstande ist. Im Dezember 2012 hatten Vertreter der Learning Design Community wichtige Annahmen, Entwicklungslinien und Erkenntnisse hierzu in der Larnaca Declaration on Learning Design festgehalten. Ich hatte hier bereits einen Weblogeintrag dazu verfasst. In loser Folge möchte ich zukünftig unterschiedliche Vorschläge solcher Sprachentwürfe vorstellen und sammeln. Die Relevanz grafischer Sprachsysteme ist u. a. bei erforderlicher Kommunikation über die Gestaltung entsprechender Lehr-Lernarrangements (mit Fachexperten/SMEs, Instructional Designern, Technikern, Führungsebene, Stakeholdern im Corporate Bereich oder mit Lehrkräften im Education Bereich) gegeben. Im Education-Bereich (k-10/12) sind grafische Sprachsysteme allerdings noch wenig bekannt und genutzt, was auch daran liegen mag, dass der Kommunikationsaspekt (nach den Lehrversuchen und Lehrproben im Referendariat, bei denen gegenüber Betreuern schriftliche Vorentwürfe abzugeben waren) in der Praxis vielfach keine wichtige Rolle mehr spielt – arbeiten viele Lehrkräfte doch überwiegend alleine ihre Stundenvorbereitungen aus. Ändert sich das Unterrichtskonzept aber in Richtung kollaborativer Sequenzplanung und gemeinsamer Gestaltung von Lehr-Lernangeboten, könnten gemeinsame Sprachkonzepte die Abstimmungs- und Entwurfsprozesse deutlich professionalisieren und erleichtern.